ANDREA WINKLER
"The Dudess Wantaway"

In den konsequenten Arbeiten von Andrea Winkler sind Flüchtigkeit und
metallische Härte eng umschlungen. In ihnen liegt radikaler Zorn, der in
Zeitlupe ausgeführt wurde. Diese sorgsame Geste bestimmt die Natur der
Dinge, die unbewegt vor uns liegen.
Auf dem Boden gelegt und ausgebreitet ruhen die Objekte nach einer gut
durchdachten Form der Explosion. Sie sind jetzt so schön. Ein Hauch von
Wärme verflogener Berührungen ist dort, als wären die Dinge gerade erst hier
verlassen worden.

Es entfahren dem schlafenden Kopf die Kreaturen, die uns die Vernunft streng
verbietet, eine Heerschar von Teufelchen und Fratzen flattert in einer
duftigen Wolke. Sie steigen hinauf und machen unkontrollierten Druck. Hier
sind sie nun alle gelöst auf der Erdoberfläche gelandet. Die Knoten wurden
geöffnet und es erscheint ein Batikmuster.

Darauf gelegt sind eine kleine Menge Pistazienschalen, manche mit Filzstift
bemalt, ein Laptop und auch zerknittertes Lametta. Eine mit Lack besprühte
Zeitungsseite liegt auf gefalteter Goldfolie und eine kleine Kerze
abgebrannt in einer Untertasse. Als habe hier ein nächtliches
Zusammentreffen stattgefunden, dessen Überreste im Tageslicht Ihre Farben
zeigen. Sie sind verlockend aber in ihnen liegt auch Erschöpfung.

Eine Mütze liegt auch dort aus dem Kaufhaus, Hip Hop. Ein viel
versprechendes Pfand, das vielleicht wieder zurückgetauscht wird. An der
Wand eine einzelne Magazinseite, in die eine Spirale geschnitten wurde.

Do you hear me?

Jedes einzelne Element wurde so verändert oder benutzt, dass die von der
Künstlerin bevorzugte Formpalette und Farbigkeit erscheint. Die eingefärbten
Tücher aus Jersey und Viskose zeigen feine Knitterfalten. Darauf wirken die
Nussschalen achtlos und trotzdem nicht wie Müll. Nur diese Mütze bleibt
unverändert, sie ist fertig so wie sie ist und mag
zuletzt dazugekommen sein.

Die Beschreibung der einzelnen Fragmente ist jetzt also möglich, doch
zusammen bildet das Arrangement die Behauptung eines flüchtigen und längst
vergangenen Moments der Erhebung.
Dieser Moment mag unvernünftig gewesen sein und das jetzt Vorhandene wirkt
im Eingeständnis dessen temporär. In ihrer sinnlichen Präzision und
gleichzeitigen Verweigerung entfachen die Arbeiten von Andrea Winkler einen
Sog, dessen Macht nur in einem
Zustand der Fragilität zu erfahren ist und ansonsten verhallen wird. Sie
verlangen
nach Empfindsamkeit.


Le cadeau est seul:
il n’est touché
ne pas la générosité
ne pas la reconnaissance,
l’âme ne le contamine pas.


Das Geschenk liegt allein da:
Nichts berührt es,
weder Großzügigkeit
noch Dankbarkeit,
die Seele infiziert es nicht.*

Dirk Stewen

* Roland Barthes: L’impire de signe/L’Empire of Signs

Ausstellungsdauer: 08. März - 11. April 2009